Ein halbes Jahrhundert, fast ein Menschenleben ist er her, der Volksaufstand in der DDR. Jahrzehntelang war der „17. Juni" ein schwieriger Gedenktag. Im Osten Deutschlands war er aus dem öffentlichen Bewusstsein verbannt - unter einem Regime, das diese Arbeiterrevolte als „Faustschlag für die Partei" (Günter Schabowski) empfand. Für die SED war und blieb diese Erhebung ein Trauma, das sie  paralysierte, das den Weg zur  Selbstkritik und später zu einer politisch emanzipierten Entwicklung versperrte. In der Bundesrepublik endete der „Tag der deutschen Einheit" allzu bald als Lippenbekenntnis und Feiertagsritual.

Schon während der dramatischen Ereignisse 1953 hatte das SED-Regime die Parole vom „faschistischen Putsch" ausgegeben. Das Geschehen vom 17. Juni sei das Machwerk von westlichen Geheimdiensten, von Faschisten und imperialistischen Agenten gewesen. Eine Sprachregelung sowohl für die verunsicherten eigenen Genossen als auch für die DDR-Bevölkerung und für die Propaganda im Kalten Krieg. Es durfte nicht sein, dass es Arbeiter und Werktätige der DDR waren, die sich spontan, aus freien Stücken, in Umzügen, Delegationen, Streikkomitees formierten.

Wer waren die Aufständischen, die damals als „Rädelsführer", „Konterrevolutionäre" und „Provokateure" galten? Zu Wort kommen u.a. der Bau-Brigadier, der Tischler, die Ministerialreferentin, der Lehrling, der Schüler, der Angestellte, der Lehrer, der Student, der Volkspolizist, der Dorf-Friseur, die Fotografin, die Hausfrau.

Lange Zeit beschränkte sich die Darstellung des 17. Juni auf den Schauplatz (Ost-)Berlin. Hier vollzog sich die Niederwerfung des Aufstandes vor den Augen der westlichen Journalisten und Kameras. Aber das Geschehen hatte eine ungleich größere Dimension: Die Unruhen griffen auf mehr als 500 Städte und Ortschaften der DDR über. Noch nie zuvor waren so viele Menschen zum revolutionären Protest auf der Straße versammelt.


„Nachrichten aus der Provinz" ist auch ein Motto dieses Films. Er erzählt von Vorgängen in Bitterfeld, Leipzig, Halle, Görlitz, Magdeburg, Jena, Zodel und Rathenow. In kleinen Geschichten treten die Protagonisten des 17. Juni auf  - Akteure mit  Zivilcourage, „stille Helden", manche nicht ohne Verbitterung und gezeichnet von der nachträglichen Rachejustiz.
Neu aufgetaucht und nunmehr filmisch dokumentiert sind Fotos von Brennpunkten des Geschehens - und ein einzigartiges Filmdokument, das hier erstmals öffentlich gezeigt wird: 35mm-Aufnahmen vom 17. Juni in Leipzig. Eine ganz ungewöhnliche Perspektive auf jene Tage eröffnen auch die Berichte von drei Sowjetoffizieren, die u.a. an Panzereinsätzen in Magdeburg und Jena beteiligt waren.

Die Erhöhung der Arbeitsnormen - das war der unmittelbare Anlass gewesen. Doch der Film macht deutlich, dass sich in dem politischen Vakuum nach dem Tod Stalins im Frühjahr 1953 mehr entlud als ein sozialer Protest. Der 17. Juni war das Ventil eines Freiheitswillens, der sich erst lange danach, 1989, durchsetzen konnte.

Ein vollständiges Sendemanuskript des Filmes finden Sie hier.

© Schmidt & Paetzel Fernsehfilme, 2003